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Tracy Summers und Tobias Kick kennen beide Seiten der Friseurausbildung – von ihrer eigenen Zeit als Azubi und als Ausbilder des Friseurnachwuchses. Jetzt arbeiten die beiden Friseurmeister in ihrem eigenen Salon in Landshut. Hund Hugo begleitet sie jeden Tag zur Arbeit.Foto: Sandra Schörghuber

19.09.2025 Friseursalon your last bad hair day

„Es gibt immer Menschen, die einen Haarschnitt brauchen“ - Im Interview erzählen Tracy Summers und Tobias Kick warum es beim Friseurberuf um mehr als „nur“ Haare schneiden geht

Waschen, schneiden, föhnen – das gehört für Tracy Summers (32) und Tobias Kick (33) zum Arbeitsalltag. Die beiden sind Inhaber des Salons „your last bad hair day“ in der Landshuter Ländgasse. Im Interview gehen sie auf die Vielfalt des Friseurberufs ein, seine positiven und negativen Seiten und räumen mit einigen Klischees auf. Außerdem geben sie Tipps rund um das Thema Ausbildung.

Tracy und Tobias, könnt ihr bitte kurz euren beruflichen Werdegang schildern?

Tobias Kick: Ich habe meine Ausbildung bei meinen Eltern gemacht. Dann bin ich nach München gewechselt in einen Friseursalon mit einer eigenen Weiterbildungsschule. Dort habe ich meinen ersten Trainerschein gemacht. Ich habe dann drei Jahre als Seminartrainer, hauptsächlich für Schneidekurse, und auf Bühnen gearbeitet. Dann folgte der Meister in Vollzeit. Anschließend habe ich fünf Jahre den elterlichen Betrieb geführt und seit knapp fünf Jahren sind wir hier in der Ländgasse. Seit der Meisterschule arbeite ich auch als Seminartrainer für eine Produktherstellerfirma.

Tracy Summers: Ich habe meine Ausbildung, von der ich immer noch zehre, bei einem Friseurweltmeister begonnen und an der Friseurakademie Meininghaus abgeschlossen. Dort habe ich auch gearbeitet und meinen Meister gemacht. Dann war ich in München unter anderem als Salonleitung tätig, bis ich von Tobi, meinem „Plus Eins in allen Lebenslagen“, abgeworben wurde.

Wieso seid ihr Friseur beziehungsweise Friseurin geworden?

Tobias Kick: Ich bin ein bisschen „vorgeschädigt“ durch meine Familie. Sie hat einen Friseurladen, und ich bin aktuell die dritte Generation, die den Beruf ausübt. Aber ich habe immer gesagt, dass ich etwas anderes machen will – im Handwerk, weil ich das Ergebnis meiner Arbeit sehen möchte. Darum habe ich in verschiedenen Handwerksberufen Praktika gemacht, aber aus diversen Gründen war das alles nichts für mich. Dann habe ich doch immer wieder ein paar Tage bei meinen Eltern mitgearbeitet, und es war genau das, was ich wollte: Es ist handwerklich, man arbeitet mit Menschen, sieht ein Ergebnis und kann sich kreativ ausleben.

Tracy Summers: Ich wollte eigentlich schon immer Friseurin werden. Das Interesse für Make-up, Haare, Nägel – das war schon immer da. Wenn ich selber mit meiner Mama beim Friseur war, war es toll, und ich hätte stundenlang zuschauen können. Auf Drängen meiner Eltern bin ich dann jedoch zunächst Kauffrau für Bürokommunikation geworden. Als ich meinen Abschluss hatte, habe ich am gleichen Tag direkt mit der Friseurlehre angefangen. Da bin ich auch wieder aufgeblüht! Ich glaube, es ist das Kreative, Menschen zu verändern und ihre Vorzüge hervorzuheben, was mir Spaß macht. Man sorgt jeden Tag dafür, dass Menschen sich wohlfühlen, und stärkt ihr Selbstbewusstsein.

„Die Branche knabbert an gewissen Themen“

War es damals einfach, einen Ausbildungsplatz zu finden?

Tracy Summers: Ich würde sagen, ja, aber es ist sehr schwierig, einen vernünftigen Ausbildungsplatz zu finden. Du willst eine Ausbildung machen, nach der dich jeder anstellt, bei der du etwas lernst, bei der du gefordert und gefördert wirst. Da würde ich sagen, fallen fast 80 Prozent raus.

Tobias Kick: In unserer Branche gibt es Ausbilder, die Azubis drei Jahre als Putzkraft arbeiten lassen und sie dann nicht übernehmen. Sie müssen sich dann als Friseurgeselle bewerben und können nicht mal richtig Haare schneiden. Das, was man in der Berufsschule lernt, ist nämlich nur die Basis. Im Handwerk lernst du durch die Praxis, und die findet im Friseursalon statt.

Tracy Summers: Die Berufsschule bereitet auf die Prüfung vor, aber vieles ist nicht mehr zeitgemäß.

Tobias Kick: Ja, die Branche knabbert an gewissen Themen, gerade bei der Ausbildung.

Woran erkennt man einen guten Ausbildungsbetrieb?

Tobias Kick: Ich würde auf den Ruf und die Salonausstattung achten. Gut ist, wenn der Inhaber Meisterschafts- oder Bühnenerfahrung hat, der Laden einen guten Ruf hat und die Ausstattung modern ist.

Tracy Summers: Einen guten Ausbildungsbetrieb erkennt man an den zukünftigen Kollegen. Bei einem Praktikum kann man zum Beispiel schauen, wie das Betriebsklima ist und ob sich jemand um einen kümmert oder ob man nur Haare kehren darf. Es spricht für einen Betrieb, wenn er ein Ausbildungssystem oder eine eigene Akademie hat. Mein Tipp für die Suche nach einem Ausbildungsplatz ist, Friseure aus der Umgebung in den sozialen Medien anzuschreiben und zu fragen, wo sie gelernt und ob sie eine Empfehlung haben. So bekommt man eine Menge Infos.

Ihr habt beide auch ausgebildet. Was zeichnet eurer Meinung nach einen guten Friseurazubi aus?

Tobias Kick: Viele denken, dass man sehr kommunikativ sein muss – ich war das gar nicht. Ein halbes Jahr habe ich mit meinen Kunden gar nicht geredet, weil ich mich damals mit 16 nicht getraut habe. Man wächst in vieles rein, besonders in diesem Bereich. Ich glaube, man sollte Motivation und nicht unbedingt zwei linke Hände haben.

Tracy Summers: Ich hatte schon Azubis, die wirklich zwei linke Hände hatten. Mir ist einer in Erinnerung geblieben, der Sachen, die andere zweimal geübt haben, zwanzigmal machen musste, aber er stand da – in seiner Pause – und hat so lange weitergemacht, bis er es geschafft hat. Vielleicht hast du es fünfmal so schwer, aber wenn du richtig Lust hast, dann schaffst du es auch. Motivation beinhaltet eben auch, dass du Lust hast, Neues zu lernen.

Tobias Kick: Es ist ein Beruf, bei dem man einfach alles erlernen kann – das Handwerkliche und das Soziale.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag für euch aus?

Tracy Summers: Wir arbeiten unsere Kunden ab, sprechen mit ihnen darüber, was sie haben möchten, beraten sie, und führen das dann aus. Neben dem Fachlichen spielt Empathie hier eine wichtige Rolle. Wir müssen Haare und Menschen lesen. Dabei dürfen wir nicht unsere eigenen Vorstellungen durchsetzen, sondern müssen herausfinden, was der Kunde will, selbst wenn er es vielleicht selbst nicht weiß. Du hast dabei natürlich immer Zeitdruck, weil du deinen Termin einhalten musst.

Tobias Kick: Durch den festen Tagesablauf ist es sehr strukturiert.

Welche Aufgaben gehören neben dem Haare schneiden dazu?

Tobias Kick: Man ist zwischendrin Verkaufsberater, weil man auch mal ein Produkt verkaufen möchte, Seelenklempner, und man macht natürlich auch die Kasse, trägt Termine ein. Wir haben keine Reinigungsfachkraft, das heißt, wir putzen nach der Arbeit und schauen, ob genügend Ware da ist, bestellen nach. Daheim folgt die Büroarbeit. Da wir uns tagsüber auf die Kunden konzentrieren und nur zwischendurch per WhatsApp Terminliches regeln, bearbeiten wir abends E-Mails und Rückrufe. Man ist halt nicht nur Friseur, sondern man ist auch alles andere.

Wenn man bei euch in den Salon kommt, sieht man gleich die Pokale und Meisterschaftstitel an der Wand. Was hat es damit auf sich?

Tobias Kick: Bei mir war es so, dass ich in meinem Freundeskreis viel Gegenwind bekommen habe, weil ich Friseur werden wollte. Auf dem Dorf wird gleich gefragt: „Bist du schwul, oder was?“ Mir hat es nichts ausgemacht, aber es ist dieses typische Klischee, das bei Männern in diesem Beruf da ist. Das war für mich ein Ansporn, bei Meisterschaften teilzunehmen. Ich wollte den Leuten zeigen, dass ich nicht nur der Sohn vom Friseurchef bin, sondern eben auch ein talentierter Handwerker.

Tracy Summers: Ich habe damals meine Lehre bei jemandem gemacht, der sehr involviert war bei diesen Meisterschaften, und fand es cool, auf diese Herausforderung hinzuarbeiten. Es ist natürlich viel Arbeit. Bei meiner zweiten Meisterschaft habe ich mich eineinhalb Wochen davor entschieden, daran teilzunehmen, obwohl ich keine Hochsteckfrisuren konnte. Mein Chef hat gesagt: „Wenn du es willst, dann machen wir das.“ Dann haben wir jeden Tag bis spätabends – elf oder zwölf Uhr – die Frisur geübt, bis ich sie konnte. Das zeigt auch: Wenn du es wirklich willst, kannst du es auch schaffen.

Kann man nur während der Ausbildung an den Meisterschaften teilnehmen oder auch noch danach?

Tobias Kick: Nein, das geht vom ersten Lehrjahr bis zum Gesellen. Man fängt auf Bezirksebene an, beispielsweise bei der niederbayerischen Meisterschaft, bis hin zur deutschen Meisterschaft oder weiter in der Nationalmannschaft auf internationaler Ebene.

Es gibt eine Friseur-Nationalmannschaft?

Tobias Kick: Ja, die trainiert in Frankfurt und nimmt an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Deutschland ist weltweit eigentlich immer unter den Top 3. Die Meisterschaften sind oft ein Sprungbrett zu anderen Jobs, etwa im Fortbildungs- und Seminarbereich.

Ihr habt erwähnt, dass ihr auch als Seminartrainer tätig seid. Was kann man sich darunter vorstellen?

Tobias Kick: Es gibt zwei Möglichkeiten. Man kann entweder festangestellter Trainer oder Berufsschul- beziehungsweise Meisterschullehrer sein, das also hauptberuflich machen, oder wie wir als Freelancer für einen Auftraggeber arbeiten. Das zeigt eben auch diese Vielfalt vom Friseurdasein.

Welche Perspektiven bietet der Friseurberuf noch?

Tracy Summers: Als Erstes fällt mir die Hochzeitsbranche ein, die sehr viel Potenzial hat – Hochzeitsstyling, Haare, Make-up –, als Freelancer auch vor Ort bei den Bräuten. Dafür braucht man jedoch den Meister.

Tobias Kick: Da rutscht man auch oft in den Bereich Fotoshooting rein, weil hier Styling und Make-up gefordert sind. Make-up-Artists und Maskenbildner beim Film und an Theatern sind oft gelernte Friseure.

Tracy Summers: Trainer in Akademien, Berufsschullehrer, Meisterschullehrer, Prüfer für die Innung ... Zweithaar, also Perücken, ist auch ein großer Bereich. Man kann sich auch spezialisieren, zum Beispiel auf Schneiden oder Färben, oder als mobiler Friseur arbeiten. Es gibt Friseure, die in Altenheimen oder Gefängnissen Haare schneiden, und man kann auch einen Stuhl im Friseursalon mieten – dann ist man örtlich etwas flexibler. Das ist in Deutschland aber mit bürokratischem Aufwand verbunden.

Die Friseurbranche klagt, wie viele andere, über den Fachkräftemangel. Woran liegt es eurer Meinung nach, dass sich zu wenige Menschen für den Friseurberuf entscheiden?

Tobias Kick: Gerade gibt es laut den neuesten Statistiken wieder einen kleinen Aufschwung bei den Azubis. Vielleicht schrecken die Lohnthematik und die Arbeitsumstände viele Teenager ab: Man steht viel, arbeitet mit Chemikalien, wodurch Allergien entstehen können, und man hat jeden Tag einen straffen Zeitplan. Man muss auch in die Arbeit investieren, beispielsweise Zeit für Übungstage, Modelle organisieren oder hundertmal eine Dauerwelle wickeln, um gut darin zu werden. Für dieses Trainieren braucht man Durchhaltevermögen.

„Jetzt kommt das goldene Zeitalter des Handwerks“

Was müsste sich ändern?

Tobias Kick: Das Preisdumping müsste aufhören – durch das Niedrigpreissegment entstehen auch niedrige Löhne. In den letzten Jahren beziehungsweise Jahrzehnten wurde in der Schule oder von Eltern und Verwandten auch oft vermittelt, dass man den höchsten Grad der schulischen Bildung erreichen soll, um zu studieren. Ich glaube, da muss ein Umdenken stattfinden: Viele sagen, jetzt kommt die goldene Zeit des Handwerks. Denn die KI kann kein Handwerk übernehmen – egal, in welcher Branche. Der Friseur kann nicht so schnell durch einen Roboter ersetzt werden, und es gibt immer genügend Menschen, die einen Haarschnitt brauchen. Interview: Sandra Schörghuber

Teil des Jobs ist es, dafür zu sorgen, dass sich die Kunden wohlfühlen. Foto: Sandra Schörghuber
Teil des Jobs ist es, dafür zu sorgen, dass sich die Kunden wohlfühlen. Foto: Sandra Schörghuber
Auch der Umgang mit Chemikalien, etwa beim Anmischen der Farbe, gehört dazu. Foto: Sandra Schörghuber
Auch der Umgang mit Chemikalien, etwa beim Anmischen der Farbe, gehört dazu. Foto: Sandra Schörghuber
Um zu lernen, wie man richtig Haare schneidet, braucht es Durchhaltevermögen. Foto: Sandra Schörghuber
Um zu lernen, wie man richtig Haare schneidet, braucht es Durchhaltevermögen. Foto: Sandra Schörghuber
Die Styling-Fähigkeiten sind auch bei Fotoshootings gefragt. Foto: Sandra Schörghuber
Die Styling-Fähigkeiten sind auch bei Fotoshootings gefragt. Foto: Sandra Schörghuber

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