
19.09.2025 ● Zollhaus Kellner
Volle Bude, kühler Kopf - Wenn die Hölle los ist, fühlt sich Gastronomie-Azubi Lukas Klaus bei der Arbeit erst richtig wohl
Stress, Schichtarbeit, kaum je ein freies Wochenende: Das bedeutet die Arbeit in der Gastronomie fast immer. Aber eben auch: viel Abwechslung, Zusammenhalt im Team, viele Kontakte und dankbare Gäste. „Das kann Hölle und Segen zugleich sein“, meint Lukas Klaus aus Ergolding. „Man muss Bock auf die Arbeit haben.“ Gerade hat sein drittes Lehrjahr als Fachmann für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie begonnen. Sein vorläufiges Fazit: „Bock“ hat er immer noch jede Menge.
Gleich nach dem Realschulabschluss begann Lukas zunächst eine Ausbildung zum Kinderpfleger, brach sie jedoch nach anderthalb Jahren ab. „Damals war ich einfach noch zu schüchtern“, sagt er. Und hatte wohl einfach noch nicht das Richtige gefunden. Klar war ihm aber: Zupacken, das kann er. „Ich bin beim Opa auf dem Bauernhof aufgewachsen“, erzählt er. „Da habe ich eigentlich immer gearbeitet.“ Nach diversen Praktika kam er schließlich zum Probearbeiten ins Zollhaus nach Landshut. Und wusste schnell: „Das ist es.“
Wer den heute 20-Jährigen beobachtet, zum Beispiel an einem Sonntagmittag, wenn es kurzzeitig hoch hergeht, der kommt nun gar nicht mehr zu dem Schluss, der junge Mann könnte besonders schüchtern sein. Flink saust er zwischen Tischen, Theke und Küche hin und her, nimmt Bestellungen auf, erfasst sekundenschnell aus den Augenwinkeln, wo etwas gebraucht wird, und das immer mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Etwas später, wenn die meisten Mittagsgäste satt und zufrieden sind, nimmt er sich auch gerne Zeit für den ein oder anderen Plausch. „Ich lache gern mit den Gästen“, sagt er. An diesem Sonntag geht seine Schicht von 9 bis 17 Uhr. Wenn er Spätschicht hat, fängt er erst um 16 Uhr an, dann aber mit Open End.
„Körperlich und geistig extrem gefordert“
Irgendwann im zweiten Lehrjahr habe er gespürt, „dass ich sehr stark gewachsen bin“. Gerade an Feiertagen werde man „in zwei Stunden körperlich und geistig extrem gefordert“. Noch extremer spüre er dies bei Veranstaltungen wie Hochzeiten, wo die Arbeitszeit auch mal von 11 Uhr morgens bis nachts um 4 gehen könne. „Da bist du dann natürlich gerädert.“ Er kenne niemanden, der in der ersten Zeit im Job nicht ziemlich abgenommen hätte.
Sicherlich habe er anfangs „schwache Momente“ gehabt. Er denkt da zum Beispiel an die letzte Laho, da hatte seine Ausbildung noch gar nicht offiziell begonnen. „Um 15 Uhr war die Hölle los“, erinnert er sich. „Einer wollte Obazda to go, und wir hatten keine Brezn mehr. Dann ist es eskaliert.“ Natürlich konnte die Situation gelöst werden, „aber danach hab’ ich richtig gezittert.“
Lernen, wie man mit Beschwerden umgeht
Seitdem hat er viel gelernt, in der Praxis, aber auch in der Berufsschule. Den richtigen Umgang mit Gästen, Zeitmanagement, dass gute Planung alles ist. Und er hat sich auch viel Wissen zur Arbeit in der Küche angeeignet. Ein Thema in der Berufsschule war, wie man mit Beschwerden umgeht. „Man muss sich nicht alles gefallen lassen“, sagt Lukas. „Aber man muss seine Worte mit Bedacht wählen.“ Schlechtes Feedback sollte man dennoch ernst nehmen, „da muss ich dann vielleicht etwas ändern.“ Überhaupt gefällt es ihm, dass er in der Ausbildung ein ziemlich breites Lernfeld hat. Anfangs musste er einen Monat in der Küche mitarbeiten, um Einblick in die dortige Arbeitsweise zu bekommen. Angenehm findet er auch, dass sein Team so jung ist: „Der Älteste bei uns ist 32“, sagt er. Seine direkte Vorgesetzte, Serviceleiterin Isabelle Janßen, ist auch erst 26 Jahre alt. Dementsprechend flexibel sei man.
Seine Freundin sieht er nur selten
Trotzdem bleibt aber die Schichtarbeit, wodurch es schwierig sei, private Kontakte zu pflegen oder Sport zu treiben. Auch wenn er über den Monat gerechnet nicht mehr Stunden arbeite als andere Auszubildende, habe er gefühlt doch „eher wenig Freizeit“. Seit sieben Monaten hat er eine Freundin, die im Gegensatz zu ihm in einem Beruf mit klassischen Arbeitszeiten arbeitet. Er aber muss seine freien Tage meist unter der Woche nehmen. Die Folge: „Wir sehen uns selten.“
Für manche in der Branche sind das zu viele Einschränkungen. Auch in Lukas Berufsschulklasse wurde das sichtbar: „Am Anfang waren wir 34 Schüler, jetzt sind wir nur noch zwölf.“ Immerhin: Mit dem Verdienst ist er zufrieden, wird nach Tarif bezahlt, und mit dem Trinkgeld sei sein monatliches Einkommen sogar „sehr gut“. So gut, dass er sich nächstes Jahr endlich ein eigenes Auto anschaffen könne.
Und die Zukunftsaussichten sind fast schon rosig, bereits jetzt trudeln Angebote aus verschiedenen Ecken des Landes ein. Im Moment aber fühle er sich genau da wohl, wo er ist. „Hier gibt es alles, vom schnellen Mittagessen bis zum mehrgängigen Festmenü, und dazu noch das Catering.“ In der Berufsschule habe er den original französischen Service gelernt, mit relativ strengen Regeln. „Ich habe jetzt meinen eigenen Stil“, sagt er, „aber ich kann auch klassisch“. Irgendwann möchte er vielleicht sein eigenes Restaurant haben. Und eine Weiterbildung zum Weinsommelier will er auch noch machen.
Hochzeiten und anderen Großevents sieht Lukas nun ziemlich locker entgegen: „Ich liebe es, wenn die Hölle los ist“, sagt er. „Wenn Chaos ist und ich mittendrin bin – und alles regele.“
Petra Scheiblich

