Foto: Petra Scheiblich19.09.2025 ● Strasser
Wie der Papa so die Tochter... - Soll man im Familienbetrieb mitarbeiten? Mia hat ihre eigene Antwort gefunden – vorerst
Im Betrieb der Eltern arbeiten – für manche Schulabgänger ist das immer schon klar, für andere kommt es dagegen gar nicht in Frage. Mia Strasser (17) aus Geisenhausen geht in dieser Frage ihren eigenen Weg. Und wird dabei vom Papa unterstützt.
So richtig zum Thema wurde für Mia die Berufswahl eigentlich erst nach dem bestandenen Quali. „Vorher waren mir andere Dinge wichtiger“, gesteht sie. Allerdings hatte sie schon eine Vorstellung, was ihr Spaß machen würde, nämlich mit Tieren zu arbeiten. Denn sie liebt Tiere, vor allem ihren Hund, die zwei Katzen und den Isländer Hjalti, den sie in der Nähe in einem Stall untergestellt hat. Da erschien es nur logisch, mit einem Praktikum in einer Tierarztpraxis zu testen, ob ihr liebstes Hobby zum Beruf taugt. Nach ein paar Tagen wurde ihr klar, dass die tägliche Arbeit mit Tieren etwas ganz anderes ist, als ihr inniges Verhältnis zu den Eigenen vermuten ließ. Sie entschied sich gegen die Ausbildung zur Tierarzthelferin. Und wollte nun Anlagemechanikerin werden.
Eine Möglichkeit – aber kein Druck
Armin Strasser ist Chef einer Firma für Gebäude- und Energietechnik und hat außer dem klassischen Sanitär-, Heizungs- und Klimabereich auch alles im Angebot, was zum Innenausbau bei Häusern gehört, von Spenglerarbeiten, Haustechnik und Photovoltaikanlagen bis zur Wohnraumsanierung. Acht Mitarbeiter zählt sein Betrieb, darunter ist seit zwei Jahren seine ältere Tochter Celina (22). „Ich habe zu meinen Töchtern immer gesagt, ihr habt die Möglichkeit, hier zu arbeiten. Aber Druck habe ich keinen gemacht.“ Celina entschied sich zunächst für eine Ausbildung als Groß- und Außenhandelskauffrau. Als sie die abgeschlossen hatte, wollte sie eigentlich nur vorübergehend im heimischen Betrieb Station machen. Jetzt ist sie aber schon zwei Jahre hier, kümmert sich im Büro um den Social-Media-Auftritt der Firma, aber ist auch auf der Baustelle unterwegs. „Es macht halt Spaß“, sagt sie.
Jeden Tag etwas anderes erleben
Auch Mia hatte eigentlich Lust, ihre Ausbildung zur Anlagenmechanikerin hier zu machen. Sie wusste ja, was sie erwarten würde. „Ich wollte einen Beruf haben, bei dem ich nicht immer am selben Ort bin“, erklärt sie. „Und vor allem nicht den ganzen Tag vor dem PC sitzen.“ Auf unterschiedlichen Baustellen sein, mit immer wechselnden Tätigkeiten, das könnte ihr gefallen.
Es war nicht so, dass das Papa Armin nicht freute. Allerdings hatte er bereits Mias Mitschüler Tobias einen Ausbildungsplatz versprochen, „und zwei so junge Azubis, das wäre für uns etwas zu viel gewesen“. Mia ging auf die Suche und fand einen Ausbildungsplatz zur Anlagenmechanikerin bei der Delta-Gruppe, einem internationalen Architektur- und Ingenieurbüro in Geisenhausen, das 300 Mitarbeiter an mehreren Standorten beschäftigt. „Von der Größe des Betriebs her gefällt es mir zu Hause besser“, sagt sie. „Aber ich bin froh, erst mal was ganz anderes kennenzulernen.“ Vieles ist bei Delta anders als im väterlichen Betrieb, zum Beispiel gibt es hier die Vier-Tage-Woche, wobei Mia täglich länger arbeiten muss, dafür am Freitag frei hat.
Was aber die Hauptsache war: Mia ist bei Delta das erste Mädchen, das eine Ausbildung als Anlagemechanikerin macht. Auf der Baustelle, aber auch in der Berufsschule, ist sie nur von Jungen und Männern umgeben. „Am Anfang war das schon recht unangenehm“, gibt sie unumwunden zu. Vor allem die „vielen Blicke“ hätten sie gestört. Das sei aber jetzt, im dritten Lehrjahr, längst vorbei, alle Beteiligten hätten sich schnell aneinander gewöhnt. „Schüchtern sollte man allerdings nicht sein“, meint sie. Es sei auch kein Thema, dass sie als Mädchen auf der Baustelle nicht alles leisten könne, wie ein Junge. „Am Anfang hatte ich schon etwas Rückenschmerzen“, gibt sie zu. „Aber das war eher die Umstellung von der Schule“. Sie stelle jedenfalls fest, „dass ich schon viel mehr Kraft bekommen habe“.
Natürlich sei es eine Herausforderung für einen Betrieb, bei dem bisher nur Männer auf der Baustelle arbeiteten, wenn plötzlich eine Frau mit dabei ist, weiß Armin Strasser. Angefangen von den Toiletten, bis zu schwerem Gerät. „Etwas Rücksicht ist dann schon gefordert.“
Strasser weiß als Innungsobermeister aber auch, dass Mädchen in der Gesellenprüfung immer mit am besten abschneiden. Auch Mia scheint auf dem besten Weg dahin: Die Zwischenprüfung legte sie mit dem Schnitt 1,6 ab. Die Anstrengung kann sich lohnen, denn wenn auch in der Abschlussprüfung eine 1 vor dem Komma steht, übernimmt der Staat die Kosten für den Meisterkurs.
Badgestaltung versus Rohrreinigung
Mia hat ihre Entscheidung nicht bereut, die Arbeit macht ihr viel Freude. „Man sieht einfach, was man geschafft hat“, sagt sie. Am liebsten arbeite sie im Sanitärbereich, bei der Badgestaltung. „Da kann man es sich am Anfang oft gar nicht vorstellen, wie schön das am Ende wird.“ Allerdings: Ein verstopftes Abflussrohr wieder freizubekommen, gehöre natürlich auch mal dazu.
Wie es nach der Ausbildung weitergeht, weiß sie noch nicht. Ob sie im Ausbildungsbetrieb bleibt, in den Betrieb des Vaters wechselt, gleich den Meisterkurs anhängt oder etwas ganz anderes macht: „Ich sehe das ganz locker“, sagt sie. Das hat sie mit ihrem Vater gemeinsam.
Petra Scheiblich



